Anlaufstelle für den Stadtteil

Freitagmorgen, 9.00 Uhr. Der Nachbarschaftsladen in der Wilhelm-Reime-Straße öffnet seine Tür. Die Fahne mit dem NEULAND-Logo wird aufgestellt und signalisiert es schon von weitem: Jetzt haben die Mitarbeiter von NEULAND Zeit, um Sorgen, Fragen oder sonstige Nöte und Wünsche zu klären, zu helfen oder einfach da zu sein und zuzuhören. Jetzt ist "Offene Tür" und jeder ist willkommen.

Herr D. erscheint wie immer mit einem lockeren Spruch auf den Lippen. Das macht Spaß. Eine Bewerbung muss geschrieben und ausgedruckt werden und gut ist. Herr D. muss los, er hat noch handwerkliche Nachbarschaftshilfe zu erledigen. Heute bei Frau T. aus Ghana, die mit dem Aufbau von Bett- und Wickelkommode überfordert ist. Das passt.

Eine Großfamilie nähert sich zaghaft dem Nachbarschaftsladen, etwas unsicher, sind wir hier richtig?. "Na klar, setzt Euch erst einmal", die Kinder bekommen etwas zum Spielen. Wir schauen in die Papiere und stellen fest, sie sind erst seit ein paar Tagen in Garbsen, Herkunft Syrien. Im Gespräch auf Englisch, mit Bildwörterbuch und Kauderwelsch versuchen wir herauszufinden, wie wir helfen können: die Eltern wollen ganz schnell Deutsch lernen und ein Fahrrad wäre auch super. Nach Rücksprache mit einer der vielen ehrenamtlich tätigen Deutschlehrer/innen (NEULAND koordiniert z. Zt. 10 dieser Kurse) können wir den Vater schon für nächste Woche in einen Kurs vermitteln, er strahlt. Die Mutter muss bei dem Jüngsten bleiben, freie Krippen- und Kitaplätze gibt es nicht. Wir müssen dringend eine Mutter-Kind-Gruppe organisieren, denken wir, wir dürfen die Mütter nicht abhängen.

Im Kopf entsteht schnell ein Konzept, weitere Einrichtungen müssten eingebunden werden. Das kommt aber später an die Reihe. Jetzt geht es um praktische Hilfe. Die beiden großen Kinder sollen schnellstmöglich in die Schule, da findet die Integration statt. Für die Schulanmeldung brauchen sie eine Begleitung mit guten Ortskenntnissen, also rufen wir einen ehrenamtlichen Integrationslotsen an, der freie Kapazitäten gemeldet hat. Ja, er kann sich morgen mit der Familie treffen und sie zur Schulanmeldung begleiten. Das ist gut. Die Familie zieht mit etwas Spielzeug und Kleidung aus unserer "Mini-Kleiderkammer" sowie einem der vielen gespendeten Röhrenfernseher von dannen, mit weiteren Infos über Aktivitäten (Cafe Kronsberg, internat. Cafe, Frauencafe) im Gepäck und dem Eintrag auf der Warteliste für Fahrräder aus der Fahrradwerkstatt.

Unbemerkt wurden nebenbei schon 2 Fahrräder von einem ehrenamtlichen Helfer gebracht, die er anschließend in die Fahrradwerkstatt transportiert, um sie dort wieder verkehrssicher machen zu lassen. Was wären wir ohne die ehrenamtlichen Helfer?

Da steht auch schon Salim, der stets gutgelaunte junge Mann aus dem Irak, der bei der Reparatur von gespendeten Fahrrädern hilft, sooft er kann. Seine handwerklichen Kenntnisse sind Gold wert. Er hat seine Heimat, Frau und Kinder vor einem Jahr verlassen und sich überwiegend zu Fuß und teilweise mit der kleinen Schwester auf den Schultern bis nach Deutschland durchgeschlagen. Er berichtet es ganz nebenbei, wir können es kaum fassen. Aber dann lacht er uns an. Danke Salim, Du machst es uns leicht. Und wir freuen uns mit ihm, denn er berichtet das erste Mal ganz zaghaft in Deutsch von der Reparatur dringend benötigter Kinderräder.

Das Telefon klingelt, am Apparat der TSV Havelse, der Flüchtlinge ins Stadion zum nächsten Heimspiel einladen will. Wir danken und werden das Procedere klären. Leise hat sich die liebe Siranouch hereingeschlichen, die nach der Adresse ihrer jungen Landsleute fragt, von denen sie gehört hat, dass sie aus Afghanistan gekommen sind. Sie möchte sie gerne einladen, schließlich wohnen sie fast nebeneinander. Man hilft sich.

Jetzt ist es 10.30 Uhr, eigentlich hat der Tag erst angefangen. Um 12.00 Uhr endet das offizielle Offene-Tür-Angebot, die Tür bleibt trotzdem offen, sofern jemand im Laden ist. Aber es gibt noch viel zu erledigen, u.a stehen heute Hausbesuche bei weiteren Flüchtlingsfamilien an.

Fazit: Einen ganz normalen Tag bei NEULAND kann aber auch ganz anders aussehen. Jeder Tag ist etwas besonders, bietet Überraschendes, Wunderbares, Hektisches oder Aufregendes. Auf jeden Fall immer anders – und irgendwie immer gut. 
 

Was soll Neuland bewirken?

  • Potenziale zur Selbsthilfe aufzuspüren, zu wecken, zu fördern und zu stabilisieren
  • Interkulturellen Austausch zu initiieren und zu fördern
  • Ein funktionierendes und gedeihendes Gemeinwesen zu entwickeln
  • Eine Anlaufstelle für die Menschen bei sozialen und familiären Problemen sein
     

Was beinhaltet Neuland?

  • Treffpunkt für Kinder, Jugendliche und Erwachsene
  • Veranstaltungsort für Bildung, Freizeit und Austausch der Kulturen und Religionen
  • Lebenshilfe und Lebensberatung

Kontakt

Ökumenisches Sozialprojekt NEULAND
Kathrin Osterwald
Wilhelm-Reime-Str. 2
30827 Garbsen
Telefon: 0 51 31 / 972 25
Mobil: 0157 / 54 94 25 30
E-Mail: neuland_oeku(ät)freenet.de

Tipps: 

  • Ein solches Projekt lebt von einem „Motor“, der im Stadtteil präsent ist und Kontakte knüpft. Hier ist Kontinuität erforderlich.
  • Hilfreich ist es, wenn die finanzielle Ausstattung gesichert ist
  • Ehrenamtliche lassen sich besser aus dem Stadtteil heraus gewinnen, weniger aus dem engeren Umfeld der Kirchengemeinde
  • Wichtig sind Kooperationspartner wie Wohnungsbaugesellschaften und Energieversorger, die Räumlichkeiten oder Heizkosten übernehmen oder sponsern können.